Wie wichtig kritische Infrastruktur sein kann, merkt man zumeist erst, wenn sie ausfällt. So brannte es in Großbritannien kürzlich in einem Stromverteilzentrum. Seitdem kann der sogenannte Interkonnektor mit Frankreich nicht mehr voll genutzt werden. Dabei handelt es sich um ein unterirdisches Stromkabel, dass das französische Stromnetz mit dem britischen Netz verbindet. Für Großbritannien ist dies wichtig, weil das Land vergleichsweise viel Strom importiert. Folgerichtig stiegen die Strompreise auf der Insel nach dem Brand auch an. Für die britische Regierung ist das nicht unproblematisch. Denn auch zuvor schon waren die Strompreise in Großbritannien im Schnitt höher als auf dem europäischen Festland. Dies verärgert nicht nur die Verbraucher, sondern stellt auch für die Industrie einen Wettbewerbsnachteil dar. Premierminister Boris Johnson will daher Großbritannien zum einen zum „Saudi-Arabien der Windkraft“ machen und zum anderen noch mehr Stromautobahnen in andere Länder errichten.


Bild: Friflash, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Das Unterseekabel kann 1,5 Gigawatt Strom in beide Richtungen transportieren

Hier kommt dann auch die Bundesrepublik ins Spiel. Denn geplant ist unter anderem die Verlegung eines 720 Kilometer langen Unterseestromkabels von Wilhelmshaven bis an die Themse-Mündung. Die Fertigstellung des unter dem Namen NeuConnect firmierenden Projekts ist für das Jahr 2026 geplant. Dann können bis zu 1,4 Gigawatt Strom in die eine oder andere Richtung transportiert werden. Wer mit diesem Wert nichts anfangen kann, dem hilft ein Vergleich: Dies entspricht in etwa dem Verbrauch von 1,5 Millionen Haushalten. Die Hoffnung der Politik ist, dass die neue Stromautobahn dazu beiträgt, dass weniger teurer Ökostrom verschwendet wird. Denn dieser wird in Deutschland vorwiegend im Norden des Landes produziert. Die industriellen Zentren mit hohem Stromverbrauch befinden sich allerdings tendenziell eher im Süden des Landes. Der deswegen benötigte Ausbau der Stromleitungen kommt in Deutschland aber nur schleppend voran. Zukünftig könnte ein Teil des Windstroms dann nach Großbritannien exportiert werden.

Deutschland, Großbritannien und Norwegen bilden ein Stromdreieck

Ein ähnliches Projekt gibt es bereits mit Norwegen. Auch hier sorgt ein Unterseekabel dafür, dass deutscher Windstrom exportiert werden kann. Im Gegenzug erhält Deutschland Zugriff auf die in Norwegen reichlich vorhandene Wasserkraft. Zusätzlich besteht zudem auch bereits eine Unterseeverbindung zwischen Großbritannien und Norwegen. Zukünftig wird also gewissermaßen ein Stromdreieck zwischen Norwegen, Großbritannien und Deutschland bestehen, in dem der Strom immer dorthin transportiert werden kann, wo er gerade benötigt wird. Im Idealfall sorgt dies dann in allen drei Ländern für ein stabileres Stromnetz und in der Folge auch für sinkende Strompreise. Das deutsch-britische Projekt kommt zudem mit einer Besonderheit daher. So wird sich weder die deutsche noch die britische Regierung finanziell an dem Bau beteiligen. Stattdessen wird ein Investorenkonsortium die benötigten 1,66 Milliarden Euro aufbringen.


Via: Handelsblatt

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