Vier Konzerne sind es, die 60 Prozent des Saatgutmarktes kontrollieren: Corteva, Chemchina-Syngenta, BASF und Monsanto-Bayer. Sie züchten hybride Sorten für den Massenmarkt, die sie für 25 bis 30 Jahre rechtlich schützen lassen. Das heißt, sie allein dürfen für die Verwendung und Vermehrung Lizenzen vergeben – und ohne Lizenz läuft nichts. Eine hessische Saatgut-Initiative will dem nun entgegentreten, indem sie eigenes Saatgut wie Open-Source-Programme allgemein nutzbar macht.


Das Saatgut für unsere Lebensmittel steht zu mehr als sechzig Prozent unter Konzern-Hoheit

Unsere Ernährung gerät immer stärker unter Kontrolle

Hybride Sorten sind nicht mehr selbständig fortpflanzungsfähig, das heißt, die Farmer sind auf ständigen Nachkauf von Saatgut angewiesen. Darauf satteln die Konzerne häufig noch Patente mit weltweiter Gültigkeit, die sich teilweise sogar bis auf die fertig zubereiteten Lebensmittel erstrecken. So gerät unsere Ernährung immer weiter unter Kontrolle, während die biologische und genetische Vielfalt leidet. Spezielle Hochleistungssorten von Soja, Mais, Raps und anderen Ackerpflanzen erobern die Welt, auf Kosten der Diversität. Anton Brandstetter in seiner Funktion als Geschäftsführer des Branchenverbands Saatgut Austria sagt dazu: »Gesamtgesellschaftlich und für kleinere und mittelständische Züchter sind Patente eine Katastrophe.«

Open-Source-Seeds ist die Gegenbewegung zum Patent-Saatgut

Die Gegenbewegung im hessischen Marburg nennt sich Open-Source-Seeds. Sie stützt sich auf eine Lücke im System: das Züchterprinzip. Züchter dürfen aus geschützten Sorten neue entwickeln und benötigen dafür keine Zustimmung des jeweiligen Konzerns. Diese Regelung soll die Innovationsfreudigkeit bei der Saatgutzüchtung erhalten. Die »neue Züchtung« hat dann wieder einen anderen Rechtsstatus, und den dürfen die Züchter selbst bestimmen. Open-Source-Seeds ist sich an dieser Stelle einig: Ihr Saatgut darf frei weitergenutzt und nach Belieben verändert werden.


Michael Theurl hat zum Beispiel eine Chilisorte namens »Black Heart« entwickelt, die nicht allzu scharf, aber – nach seiner Ansicht – absolut lecker ist. Die Samen sind gemeinfrei, wer also auf mittelscharfe Früchtchen steht, kann die Black Heart auf dem eigenen Balkon weiterzüchten oder wahlweise eine ganze Chili-Farm damit eröffnen. Der Züchter verkauft sein Saatgut, verlangt aber keine Gebühr für die weitere Nutzung. Er verzichtet also auf seine Eigentumsrechte, damit Lebensmittel wieder zum Allgemeingut werden.

Quelle: standard.at

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.