Bisher wird lediglich ein Drittel des Getränkeflaschen-Kunststoffs PET auch tatsächlich recycelt. Gesammelte Plastikflaschen werden entweder geschreddert oder eingeschmolzen. Die daraus entstehende minderwertigere Mischung ist in der Folge dann nicht mehr tauglich genug, um wieder als Plastikverpackung verwendet werden zu können. Das Problem ist, dass zum Teil noch Farb- und andere Zusatzstoffe enthalten sind. Allerdings macht eine Entdeckung von Forschern aus Toulouse nun Hoffnung. Konkret hat das Forscherteam ein Enzym entwickelt, das in der Lage ist 200 Gramm PET innerhalb von zehn Stunden zu 90 Prozent zu zerlegen. Das so gewonnene Material konnten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dann wiederum verwenden um erneut hochwertige Plastikflaschen herzustellen.


Neues Enzym zerlegt PET in seine Bestandteile

Plastikzersetzende Enzym wurde bereits 2012 entdeckt

Plastik ist nahezu allgegenwärtig. Das Recycling erweist sich nach wie vor als schwierig. Die Verbreitung von chemischem Recycling hält sich noch in Grenzen. Wird Plastik mechanisch recycelt, dann verliert es an Qualität. Dem französischen Unternehmen Carbios, das wegweisende bioindustrielle Lösungen anbietet, dürfte ein Durchbruch in Richtung Kreislaufwirtschaft gelungen sein. Das Team rund um den wissenschaftlichen Leiter von Cabrios, Alain Marty, hat zusammen mit Isabelle André von der Universität Toulouse, das schon fast in Vergessenheit geratene Enzym LCC (von Leaf-Branch Compost Cutinase) mit der Hilfe von Aminosäuren so modifiziert, dass es zum einen hitzebeständiger ist und zum anderen schneller arbeitet. Bereits 2012 haben japanische Forscher LCC auf einem Komposthaufen entdeckt und herausgefunden, dass es die wachsartige Schicht von Blättern bricht. Im weiteren Verlauf wollten die Forscher das Enzym nutzen, um beispielsweise auch Plastik aufzubrechen. Allerdings arbeitete die originale Version nur recht langsam und zerfiel bei einer Temperatur von 65 Grad Celsius bereits nach einigen Tagen. Ab 65 Grad Celsius wird Plastik wie PET jedoch erst weich und ermöglicht dem Enzym das leichtere Eindringen in das Polymer.

Modifiziertes Enzym ist hitzebeständig und 10.000 Mal effizienter als das Original

Auf der Suche nach einem geeigneten Plastikaufspalter, haben Alain Marty und seine Forscherkollegen und Forscherkolleginnen zunächst eine Vielzahl von  Mikroorganismen auf ihre Eignung als Werkzeug für biologisches Kunststoff-Recycling untersucht, bis diese auf LCC stießen. Schnell wurde den Forschern bewusst, dass sich LCC als am besten eignete. Um das Enzym jedoch effizienter und resistenter gegen Hitze zu machen, wurde mit Aminosäuren experimentiert. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Acht Jahre nach seiner Entdeckung, ist das nun modifizierte LCC auch bei einer Temperatur von 72 Grad Celsius (Schmelztemperatur von PET) noch stabil und arbeitet 10.000 Mal effizienter als das Original. Das Ergebnis ihrer Studie haben die Forscher im Fachmagazin Nature veröffentlicht.


John McGeehan, der Leiter des Centre for Enzyme Innovation an der Universität von Portsmouth war nicht an der Entwicklung des Enzyms beteiligt, gab allerdings gegenüber der Fachzeitschrift Science an, dass das neuartige Enzym Farben und andere Kunststoffe ignoriere. Das hat einen entscheidenden Vorteil: Schließlich müssen die PET-Flaschen dann nicht mehr sortiert werden. Ein begrüßenswerter Schritt in die Zukunft.

Start für den Massenmarkt in vier bis fünf Jahren

Angaben von Cabrios zufolge, soll das modifizierte Enzym 2024/2025 im industriellen Maßstab auf den Markt kommen. Um es in größeren Mengen herstellen zu können, wird auf die Hilfe von Pilzen gesetzt. Cabrios möchte LCC als erstes Unternehmen auf den Markt bringen und kooperiert dazu mit dem in Dänemark ansässigen Biotechnologieunternehmen Novozymes.

Ziel ist die Reduzierung von Plastikmüll

Cabrios ist es zusammenfassend gelungen ein Enzym, das von Natur aus bereits in der Lage ist PET in seine beiden Bausteine Terephthalsäure und Ethylenglykol zu zerlegen, so zu modifizieren, dass die Abbaurate des thermoplastischen Polymer von 1 Prozent auf 90 Prozent angehoben werden konnte. Und das bereits nach wenigen Wochen. Das Recyclingverfahren von Carbios ist bisher das einzige seiner Art. Es kann dazu beitragen die Kreislaufwirtschaft zu beflügeln und somit den Anteil von umweltbelastendem Plastikmüll in den Ozeanen und auf unserem Planeten zu reduzieren. Mit diesem neuen Verfahren wird zudem auch die Grundlage geschaffen, bisher ebenfalls sehr kompliziert zu recycelnde, PET-Fasern zu zersetzen.

Dr. Saleh Jabarin, Distinguished Professor an der Universität Toledo, Ohio, und Mitglied des wissenschaftlichen Ausschusses von Carbios, erklärt: „Das ist ein echter Durchbruch bei Recycling und Herstellung von PET. Dank der von Carbios entwickelten innovativen Technologie wird die PET-Industrie tatsächlich zirkulär werden – und das genau ist das Ziel aller Akteure dieser Branche, insbesondere von Markeninhabern, PET-Herstellern und unserer Zivilisation insgesamt.“

PET wird nicht nur zur Herstellung von Flaschen benutzt, sondern auch für Polyesterfasern für Kleidung, für verschiedene thermogeformten Verpackungen, Lebensmittelbehälter und weitere Komponenten. Die Suche nach natürlichen Plastikkatalysatoren, hat in der Vergangenheit bereits Vielversprechendes zu Tage befördert. 2017 haben Forscher einen plastikfressenden Pilz auf einer pakistanischen Müllhalde gefunden. Jüngst gelang es Forschern aus Leipzig ein Bakterium ausfindig zu machen, das ebenfalls in der Lage ist, schwer recycelbares Plastik zu zersetzen.

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