Die Idee ist grundsätzlich nicht ganz neu: Schon in den 1960er Jahren wurde das weltweit erste Gezeitenkraftwerk realisiert, um die Kraft von Ebbe und Flut für die Stromproduktion zu nutzen. Die Anlage in der Mündung der Rance in den Atlantik verfügt über einen 750 Meter langen Betonwall mit 24 Durchlässen. In diesen befindet sich jeweils eine 10-MW-Turbine. Dieses weltweit erste Gezeitenkraftwerk ist bis heute in Betrieb. Allerdings bringt die Bauweise zwei Nachteile mit sich. Zum einen lohnen sich solche Kraftwerke nur an Stellen mit hohem Tidenhub und engen Durchflüssen. Zum anderen ist der Eingriff in das Ökosystem durch den Bau der Staumauer sehr groß. Inzwischen wird daher weltweit an sogenannten In-Flow-Gezeitenkraftwerke gearbeitet. Dabei handelt es sich um schwimmende Konstruktionen, die im Meer fixiert werden und mithilfe von Turbinen ebenfalls die Kraft von Ebbe und Flut nutzbar machen.


Bild: Orbital Marine Power

Neue Kraftwerkstypen könnten Industrie-Arbeitsplätze schaffen

Die bisher größte Anlage dieser Art wurde nun in Schottland fertiggestellt. Verantwortlich dafür ist das britische Cleantech-Unternehmen Orbital Marine Power. Das Kraftwerk selbst wiederum trägt den Namen Orbital 02 – was auf die Existenz eines Vorgängermodells verweist. Gebaut wurde das rund 680 Tonnen schwere schwimmende Kraftwerk in der schottischen Hafenstadt Dundee. Diese lebte einst unter anderem vom Schiffsbau. Vor rund vierzig Jahren verschwanden die Werften dann aber aus der Stadt. Das nun ins Wasser gelassene Gezeitenkraftwerk gilt damit als erster Stapellauf eines Schiffs in Dundee seit mehreren Jahrzehnten. Hinter dieser etwas nostalgisch anmutenden Geschichte verbirgt sich die Hoffnung, dass mit neuen Formen der sauberen Energiegewinnung auch wieder Industrie nach Schottland und in den Norden Englands zurückkommt. Das jetzt fertiggestellte Gezeitenkraftwerk jedenfalls half schon einmal rund 80 Arbeitsplätze in Schottland, Wales und England zu sichern.

Die Rotoren richten sich automatisch nach Ebbe und Flut

Bevor die Konstruktion aber tatsächlich Strom produzieren wird, muss sie zunächst noch in die Nähe der rund dreihundert Kilometer entfernten Orkney-Inseln geschleppt werden. Dort befindet sich ein mit staatlichen Geldern gefördertes Testgebiet für Erneuerbare Energien. Unter anderem sollen hier neue Ansätze erprobt werden, um die Kraft des Meeres sinnvoll zu nutzen. Dort sollen dann die rund zwanzig Meter langen Rotorblätter der Turbinen durch die Kraft der Gezeiten angetrieben werden. Der Trick dabei: Die Rotoren lassen sich um 180 Grad drehen. Auf diese Weise kann die Kraft von Ebbe und Flut genutzt werden, ohne dass jedes Mal die gesamte Konstruktion bewegt werden muss. So soll das Gezeitenkraftwerk in der Lage sein, ausreichend sauberen Strom für rund zweitausend Haushalte zu gewinnen. Dies entspräche einer jährlichen CO2-Einsparung in Höhe von 2.200 Tonnen. Über ein dynamisches Kabel wird der Strom dann zunächst zum Meeresboden geleitet. Von dort aus gelangt er dann über ein fest installiertes Kabel an Land und kann in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.


Via: Engadget

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